
Interview mit Andreas Henneberg
Wie lange machst Du eigentlich schon Musik und was hat Dich musikalisch geprägt?
Mitte der 1990er Jahre habe ich schon angefangen elektronische Musik zu machen. Damals hatte mein älterer
Cousin mir seinen alten Atari vererbt, worauf zufälligerweise eine Musik-Software installiert war.
An Musik war ich natürlich schon vorher interessiert, hatte mir Platten gekauft und war in der Berliner
Underground Club-Szene unterwegs (ich bin Berliner). Jedenfalls hat es mich total inspiriert, eigene Beats am
Rechner zu basteln, auch wenn es super Lo-Fi klang und sehr einfach gehalten war, schließlich waren die Computer
damals kaum leistungsfähiger als die heutigen Taschenrechner. Telefonsound-Qualität.
Musikalisch geprägt haben mich tatsächlich meine nächtlichen Ausflüge durch die Berliner Clublandschaft. Für mich
war das alles neu und aufregend. Elektronische Musik, insbesondere Techno steckte noch in seinen Kinderschuhen
und egal, was man sich anhörte, es war neu und noch nie da gewesen.
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Du bist Technomusiker, kann man das so sagen? Wie würdest Du Deinen Stil beschreiben?
Mittlerweile würde ich mich gar nicht unbedingt mehr nur als Techno-Musiker beschreiben. Ich mag jede Art von
Musik und lasse mich davon auch inspirieren, egal welches Genre es ist.
Im Studio beschäftige ich mich nicht ausschließlich mit Techno. Seit einigen Jahren arbeite ich unter anderem mit
der Deutsch-PopRock Band „Krogmann“ zusammen und unterstütze sie im technischen sowie im kreativen Bereich.
Mittlerweile betreibe ich viele verschiedene Projekte mit unterschiedlichen Musikstilen. Ich sehe mich als Musiker
und es fiele mir sehr schwer, mich nur auf ein Genre konzentrieren zu müssen.
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Was machst Du, wenn Du nicht allein als Techno-DJ Platten auflegst?
Von Montag bis Freitag bin ich quasi in meinem Studio und im Büro gefangen. Dort arbeite ich meist an ziemlich
technischen Sachen, wie zum Beispiel dem Audio-Mastering und Mixdowns für diverse Künstler und Plattenlabels.
Etwa 1-2 Tage der Woche widme ich der Kreativität, arbeite an neuen Titeln und versuche verrückte, frische Sounds
aus den Synthesizern zu quetschen.
Das Projekt „The Glitz“ betreibe ich zusammen mit dem Rostocker Daniel Nitsch. Es ist etwas ganz anderes, wenn
man zu zweit im Studio ist und sich gegenseitig mit unerwarteten Ideen überrascht. Dort kommen die ‚kaputtesten’
Sachen heraus, und genau darum geht es uns ja schließlich auch.
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Zum ersten Mal spielst Du Deine Musik OpernAir mit einem Orchester zusammen:
Wir fühlt sich das an?
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Das kann ich so noch gar nicht beantworten, das Konzert steht mir ja noch bevor. Es ist wahnsinnig aufregend und
ein Mammut-Projekt, bei dem irre viele Leute involviert sind. Dieses Crossover von Klassik und Elektronik ist für
viele von uns immer noch Neuland, was es umso spannender macht, daran zu arbeiten.
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Wie ist es dazu gekommen?
Es gab solch ähnliche Projekte ja bereits in den letzten Jahren schon zu sehen und ich glaube einfach, dass es für die
Konzerthäuser und Orchester sehr wichtig geworden ist, sich etwas mehr zu öffnen.
Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als der Anfrage aus Dortmund kam, dass sie solch ein Projekt gern mit mir
umsetzen möchten. Selbstverständlich habe ich sofort JA gerufen und bereut habe ich es bis jetzt auch nicht. ;)
Was erwartet die Zuschauer?
Natürlich machen wir kein Club-Rave, dennoch wird es ganz anderes sein, als es ein Konzerthaus-Gänger vielleicht
erwarten würde. Wir übersetzen elektronische Musik in die Sprache eines Orchesters und unterstützen mit Beats,
ungewohnten synthetischen Klängen und Grooves.
Zu hören gibt es ein Paar Klassiker aus meinen verschiedenen Projekten der letzten Jahre sowie nagelneue Songs
meines im letzten Winter erschienenen Album „SEVENTEEN“.
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Christian Dellacher, der Orchestrator ☺
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Chris Dellachers Spezialität sind Crossover-Formate, er fusioniert Musikstile. Der Pianist arrangiert nicht nur für
Jazzfestivals und Kammerensemble Stücke neu, er komponiert auch für verschiedene große Orchester, u.a.
Dortmunder Philharmoniker, Nationaltheater Mannheim, WDR Funkhausorchester.
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Die Mischung aus elektronischer Clubmusik und orchestraler Musik ist auch für ihn neu, was spornt ihn an, mit
Andreas Henneberg und The Glitz für ein Konzert mit einem Orchester zusammen zu arbeiten?
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„Heutzutage ist es eine Selbstverständlichkeit, dass vor allem junge Musiker in „beiden Welten“ - die der
klassischen wie auch der popmusikalischen Welt – zuhause sind. Vielleicht gehe ich zu weit, aber ich behaupte, dass
jene kaum noch eine Grenze zwischen E- und U-Musik ziehen beziehungsweise wahrnehmen wollen: man bedenke,
dass sich nebst Radiohead und OutKast auch Bach und Mahler in derselben persönlichen iPod-Playlist befinden
können - die polystilistische Musikausrichtung ist die Norm geworden.
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Für mich ist klar: Unternimmt man den Versuch, diese beiden Pole künstlerisch miteinander in Verbindung zu
setzen, eröffnet sich ein überaus breites Spektrum an Ausdrucks- und Kombinationsmöglichkeiten, deren Potential
längst noch nicht erschöpft ist. Besonders interessant ist es natürlich, wenn dabei der klassische Klang eines
Symphonieorchesters mit einer modernen Stilistik fusioniert: als Komponist, Arrangeur und Clubgänger setze ich
genau dort an! Im Programm „Synth Happens“ mit Andreas Henneberg und Daniel Nitsch (The Glitz) ist es mir
besonders wichtig, dem Orchester mehrere Funktionen auf den Klangkörper zu schreiben: Mal erweitert es das
harmonisch-melodische Spektrum der Clubtracks, mal tritt es in direkte Interaktion mit den elektronischen Klängen
und Geräuschen, mal legt es ein groovendes, rhythmisches Fundament. Für mich als Orchesterkenner ist der
regelmäßige Austausch mit Andreas Henneberg essentiell, da wir einerseits das Orchester zu den bereits
existierenden Clubtracks hinzukomponieren, andererseits aber auch die Clubtracks auf die Orchesterarrangements
anpassen – wir näherten uns dem Konzertprogramm also von beiden Seiten mit einer überaus energetischen,
kraftvollen und ausdrucksstarken Musik, die sich mit einem breit gefächerten Spektrum zwischen elektronischen
und klassischen Klangwelten bewegt.“